Hobbit
Gast
|
 Verfasst am: 16. Dez 2016 15:55 Titel: Holocaust |
 |
|
Meine Frage:
Mich interessiert, wie es Hitler gelang die geltenden Gesetze des dritten Reichs auszuhebeln, um damit die systematische Ermordung von Menschen in den Vernichtungslagern zu legalisieren. Die Aktion T4 wurde eingestellt, ohne das es zu einer Strafverfolgung der Verantwortlichen und Beteiligten kam, war aber auch unter Hitler juristisch gesehen Mord.
Die Morde in Konzentrationslagern waren soweit ich wei durch die "Postenpflicht" gedeckt. Ab Beginn der Massenmorde drfte diese rechtlich aber kaum noch haltbar gewesen sein.
Danke!
Meine Ideen:
Ich knnte mir Vorstellen, dass es einen hnlichen Trick wie die Postenpflicht gab. Also das die Gesetze auf eine bestimmte Weise in bestimmten Fllen keine wirkung mehr hatten.
Eventuell ging es auch in den Kriegswirren unter. Keiner nahm mehr Notiz von dem, was geschah? |
|
MI
Administrator
Anmeldungsdatum: 01.11.2004
Beitrge: 1710
Wohnort: Mnchen
|
| Verfasst am: 18. Dez 2016 11:31 Titel: |
|
|
Das ist eine interessante Frage, aber ich glaube sie ist zu naiv. Warum muss es eine rechtliche Grundlage gegeben haben? Die Nazis hatten eine uneingeschrnkte Gewaltherrschaft, sie mussten keine Strafverfolgung frchten, weil die Strafverfolgung ihnen gehorchte. Eine der Kernmerkmale einer absoluten Herrschaft ist die Gleichschaltung (oder Ausschaltung) aller Kontrollelemente. Die Justiz ist nur dann effektiv, wenn sie ohne groe Abhngigkeit von der Regierung agiert, das war aber in der Nazizeit nicht mehr der Fall. Wenn aber die Justiz von der Regierung abhngig ist, dann verfolgt sie die Regierung nicht.
Du hast die Postenpflicht angesprochen, die ab 35 gewisse Morde legalisierte. Sind dadurch die Morde wirklich abgedeckt? Ich glaube kaum, dass ein heutiger Jurist sagen wrde, dass die Postenpflicht alle Morde in den KZs bevor Einsetzen der Massenttung abdeckt. Abgesehen davon, dass die Postenpflicht vielleicht schon als solche illegal war deckt sie nur Ermordung bei Fluchtversuchen ab. Aber wer bestimmt, was ein Fluchtversuch ist? Die Massenvernichtung geschah aber ja erst viel spter im Krieg. Und auch da zunchst in richtigen Kriegsgebieten. Kriegsverbrechen geschehen in jedem Krieg, werden gerne mit irgendeiner Form des "Kriegsrechts" legitimiert, die Legitimation lsst sich aber rechtlich gesehen nie aufrecht erhalten.
Zudem gilt, dass die meisten Lager auerhalb der Gerichtsbarkeit standen, weil sie kaum bekannt waren. In Auschwitz beispielsweise wurden schon ziemlich frh grere unangestiftete Morde begangen. Wurden sie verfolgt? Nein. Wer htte sie verfolgen knnen?
Ich denke, man kann ein paar parallel laufende Prozesse beobachten:
- Zunchst haben wir gewisse Verwsserung der Rechtslage der (ehemaligen) Weimarer Republik: Postenpflicht erlaubt Morde, antijdische Verordnungen, die Definition von "Jude" und andere rechtliche Einschrnkungen und Abgrenzungen erlauben eine Differenzierung von Deutschen und Juden auf rechtlicher Basis, die Vertreibung und vermutlich notfalls Ttung von Juden legalisiert. Reicht das zur Legalisierung der Massenmorde? Sicherlich nicht.
- Gleichzeitig haben wir den Krieg und das "Kriegsrecht". Kriegsrecht besteht hauptschlich in einem Zusammenbruch des Rechtssystem, dessen Lcken dann ausgenutzt werden. Zwar gibt es vlkerrechtliche Bestrebungen ein "Kriegsrecht" zu definieren, aber all das war damals nicht passiert. Rechtliche Definitionen wie "Vlkermord" gab es damals noch nicht. Wenn es aber keine berwachung des Rechts gibt, dann ist Verfolgung schwierig bis unmglich.
- Regierungen mssen sich zwar an Gesetze halten, aber tun sie es immer? Wie viele Gesetzesvorschlge werden derzeit von der Regierung und/oder der Legislative vorgeschlagen, die nicht mit der Verfassung konform sind (z.B. Maut, Betreuungsgeld, aber vermutlich auch verbindliche Obergrenzen, etc.). Die Gesetze treten nur nicht in Kraft, weil eine relativ unabhngige Justiz existiert. Wenn diese nicht existiert knnen Gesetze auch im Nachhinein gendert werden, who cares?
- Letztlich haben wir individuelle Entscheidungen. Der Vlkermord wurde ja nicht ganz offen kommuniziert, es wurde nie gesagt "In Auschwitz, da vernichten wir sie alle), im Gegenteil. Die Bevlkerung wurde aufgehetzt und sicherlich wurde von "Notwehr" und Morden im Krieg berichtet, aber der Massenmord geschah in einer parallelen Aktion, die so nicht kommuniziert wurde. Somit kann keine Strafverfolgung stattfinden - legalisiert ist der Massenmord damit nicht, aber solange nichts bekannt ist, kann nichts passieren.
Meine Behauptung ist also, dass die Massenmorde auch im dritten Reich nicht legalisiert waren. Sie htten aber notfalls mit Notwehr, der Verirrung einzelner und Unwissen von der Regierung abgewendet werden knnen, solange sich aber keiner aufregt wurde die Rechtslage aber einfach ignoriert. In den Anfangsjahren war das noch nicht so einfach, daher gab es Gesetze (Postenpflicht - von der man im brigen schon argumentieren kann sie verletze geltendes Recht in der NS-Zeit), spter nicht mehr.
Gru
MI
_________________
I have seen war, I hate war
Franklin D. Roosevelt |
|
Registrieren
Login
FAQ
Suchen
