andries |
Verfasst am: 20. Nov 2010 12:07 Titel: Leben eines Schlers im alten Rom |
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Vielleicht ist die folgende Geschichte, die ber den Schultag eines rmischen Schlers handelt, hilfreich.
Ich heie Albinus, bin 13 Jahre alt und wohne in Rom. Wir schreiben das Jahr 200 n. Chr., wie es bei euch heit. Wir sagen statt dessen 953 Jahre nach Grndung Roms. Ihr wollt von mir wissen, wie mein Tagesablauf aussieht? Na, langweilig, wie sonst, wenn man in die Schule geht? Ich kenne niemanden, der die Schule gern besucht. Ihr wollt es trotzdem genau wissen?
Bei Tagesanbruch wache ich auf. Dann rufe ich sofort den Sklaven, der auf mich aufpat und den wir Pdagogen nennen. Ich befehle ihm das Fenster zu ffnen. Er tut das sofort. Ich richte mich auf und setze mich an den Bettrand. Ich bitte um Socken und Schuhe, denn es ist kalt. Wenn ich die Schuhe anhabe, bekomme ich ein sauberes Handtuch gebracht. Man gibt mir Wasser in einem Topf fr meine Morgentoilette. Ich giee mir Wasser ber die Hnde, ber das Gesicht und in den Mund. Ich reibe mir die Zhne und das Zahnfleisch. Nach dem Waschen und Abtrocknen ziehe ich mein Nachthemd aus. Ich nehme mir einen Leibrock und ziehe einen Grtel um. Dann parfmiere ich den Kopf, schlielich will ich angenehm riechen. Danach kmme ich mich. Jetzt schlinge ich ein Halstuch um den Hals und binde meinen weien Umhang darber fest. Mit meinem Pdagogen und mit meiner Amme verlasse ich mein Schlafzimmer. Ich gehe zu Papa und Mama und umarme sie.
Dann suche ich meinen Griffel und meine Wachstfelchen und gebe alles dem Sklaven. Jetzt mache ich mich auf den Weg. Mein Pdagoge luft hinter mir her. Ihr fragt, ob ich morgens nichts frhstcke? Zu Hause essse ich natrlich nichts. Auf dem Schulweg komme ich an einem Bckerladen vorbei. Mein Sklave kauft mir dort, was ich gerne essen mchte: ein Gebckstck. Ich esse unterwegs beim Weitergehen. Viele Kinder sind jetzt unterwegs.
Drben ist die Elementarschule. Das ist eine ziemlich hliche Bude. Die Jungen, die dort hingehen, sind arm. Die Eltern knnen dem Lehrer nur wenig bezahlen. Der Lehrer sieht rmlich aus. Er ist ein freigelassener Sklave und behandelt die Kinder sehr streng. In meiner Schule, der Grammatikschule, da ist der Lehrer auch nicht gerade nachsichtig. Wenn ich einen Fehler mache, muss ich die Finger auf den Tisch legen, und der Lehrer schlgt mit der Rute, also einem Stock, darauf. Das tut weh. Aber in der Elementarschule werden die Jungen, wenn sie nicht gut gelernt haben, auf das nackte Ges geschlagen. Und dabei mssen die anderen Schler alle mithelfen.
In der Elementarschule da drben lernen die blo die Buchstaben, dann lesen sie, und zum Schluss ben sie auch Schreiben in unserer Muttersprache Lateinisch. Sie mssen da auch so bldsinnige Dinge machen wie Rechnen. Das machen sie mit den Fingern. Naja, das werden ja spter auch mal Handwerker und Hndler, die mssen ja rechnen knnen. Ich habe die Elementarschule nie besucht. Das Schreiben und Lesen lernte ich bei meinem Privatlehrer, der mich in Griechisch und Lateinisch lesen und schreiben lehrte. Bei uns an der Grammatikschule Rechnen wir nicht, wir haben dafr Geometrie.
Jetzt kommen mir meine Kameraden entgegen. Ich begre sie und sie erwidern meinen Gru. Unsere Schule ist eine schne kleine Halle, nicht so eine stinkende Bude wie bei den Elementarschlern. Ich komme zur Treppe und steige sehr ruhig, wie es sich gebhrt, hinauf. Glaubt blo nicht, dass ich das immer so mache. Am liebsten renne ich hinauf. nachher muss ich sowieso die ganze Zeit still sitzen. In der Vorhalle lege ich meinen Umhang ab.
Unsere Halle ist sauber und mit Wandmalereien verziert. Ich gehe zu meinem Lehrer und sage: "Ich gre Euch, mein Lehrer!" Er grt zurck. Unser "grammaticus", wie der Lehrer heit, ist in einen weien Mantel gehllt. Er wird von den Eltern bezahlt.
Jetzt reicht mir mein Sklave die Tfelchen, den Griffel und Lineal. Ich sage: "Gr euch, Kameraden, macht mir Platz auf meiner Bank und meinem Schemel. Rckt ein wenig! Das ist mein Platz". Es macht Spa, sich vor dem Unterricht noch ein bisschen zu zanken, weil es dann sowieso gleich ganz still sein muss. Ich muss heute zuerst abschreiben. Der Text ist griechisch. Dann korrigiert der Grammatikus. Jetzt mssen wir alle der Reihe nach vorlesen. Wir sehen uns
die einzelnen Wrter an und berlegen, wie man sie konjugiert oder dekliniert. Wir sprechen auch darber, was sie bedeuten. Zuletzt reden wir darber, was im Text steht, was wir daraus lernen knnen. Das geschieht alles in griechischer Sprache. Danach ist lateinisch dran. Jetzt schreiben wir einen lateinischen Text, korrigieren ihn und reden schlielich darber. Manche Passagen mssen wir auch gemeinsam auswendig lernen. Inzwischen ist es Mittag geworden. Ich frage den Lehrer, ob ich nach Hause gehen darf, um zu essen. Er lsst mich gehen.
Auf dem Heimweg sehe ich die Schler der Rhetorikschule. Dort werde ich spter auch hingehen, wenn ich 17 Jahre alt bin. Die haben nur am Vormittag Unterricht. Sie lernen dort, wie man eine kluge Rede schreibt und anschlieend hlt. Erst schauen sie sich an, wie das die groen Redner der Vergangenheit gemacht haben. Dann versuchen sie es selbst. Wir lernen das in unserer Schule auch schon, aber nicht so ausfhrlich.
Ich gehe mit meinem Sklaven nach Hause zurck. Erst ziehe ich mich um. Dann esse ich Weibrot, Oliven, Kse, trockene Feigen und Nsse. Dann trinke ich frisches Wasser. Anschlieend gehe ich wieder in die Schule. Der Lehrer sagt: "An die Arbeit!" Er hat eine Lektion fr mich ausgesucht, die ich mir vornehmen soll. Ich habe euch ja gesagt, es ist langweilig in der Schule! Nach Unterrichtsschluss gehe ich ins Badehaus. Mein Diener begleitet mich wieder. Mit den Klassenkameraden gemeinsam zu baden, das macht wenigstens Spa.
Ihr fragt nach den Mdchen? Ja, bei uns gehen auch Mdchen in die Schule. Bei den Elementarschulen ist das nicht so. Da gehen nur Jungen hin. Und bei den Rhetorikschulen gibt es auch keine Mdchen. Aber in unserer Schule, wo die Kinder der reichen Leute unterrichtet werden, da lernen auch die Mdchen schreiben und lesen.
(durch A.K. vernderte Textvorlage aus: Worm, H.-L.: Albinus erzhlt seinen Tagesablauf. Das rmische Schulwesen, in: Geschichte lernen, Heft 45 (1995), S. 44ff.) |
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